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Arbeitskreis Arbeitsmarktintegration: Viel Lob und ein wenig Kritik für die neue Rechtslage


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Um das Thema Chancenaufenthaltsrecht und seine Anwendung im Kreis Pinneberg ging es beim vierten Treffen vom Arbeitskreis Arbeitsmarkintegration der Kommunen und des Kreises Pinneberg in Schenefeld.

Knapp 40 Akteur*innen aus den Bereichen Arbeitsmarkt und Integration waren der Einladung gefolgt und diskutierten engagiert miteinander. Ziel der Veranstaltung war es, den Teilnehmenden einen aktuellen Überblick zu geben, damit diese ihr Wissen in ihre Netzwerke sowie auch direkt an Geflüchtete weitergeben, die unter die Voraussetzungen für das Chancenaufenthaltsrecht fallen.

Nach der Begrüßung von Vivette Tchuissang Tchiwe für die Abteilung Zuwanderung und Integration des Kreises Pinneberg, führte Leonie Orth, Flüchtlingskoordinatorin der Stadt Schenefeld, durch die Veranstaltung. Inhaltliche Beiträge lieferten unter anderem Vertreter*innen der Zuwanderungsbehörde im Kreis Pinneberg, vom Jobcenter Kreis Pinneberg sowie aus der Koordinierungsstelle Integration der Stadt Wedel. Die Sicht der Betroffenen schilderten verschiedene Migrationsberaterinnen und Vertreter der Jugendmigrationsdienste.

Darum geht es: In Deutschland leben seit vielen Jahren zur Ausreise verpflichtete, sogenannte geduldete Menschen, die aus verschiedensten Gründen nicht aus Deutschland ausreisen können. Bisher bekommen diese Menschen als Aufenthaltsdokument eine wenige Monate gültige Duldung. Diese bedeutet sowohl für die Betroffenen als auch für die Behörden einen großen bürokratischen Aufwand. Die Integration auf dem Arbeits- oder auch Wohnungsmarkt wird zudem enorm erschwert.

Mit dem noch recht neuen Chancenaufenthaltsrecht sollen geduldete Personen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, eine Bleibeperspektive bekommen. Die Zuwanderungsbehörden stellen seit dem 31. Dezember 2022 eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis aus, die Zugänge zu Sprachkursen, Arbeits- und Wohnungsmarkt erleichtert. Die Migrationsberaterinnen schilderten vor Ort, dass nach vielen Jahren der Angst vor Abschiebung und Unsicherheit in Deutschland nun in dieser Personengruppe eine große Freude herrsche. Die Motivation sich weiter zu integrieren und gesellschaftlich etwas beizutragen, sei damit signifikant gewachsen.

Im Kreis Pinneberg können aktuell rund 500 Personen das Chancenaufenthaltsrecht in Anspruch nehmen. Bis Anfang Juni 2023 hat die Zuwanderungsbehörde bereits 294 entsprechende Aufenthaltserlaubnisse erteilt.

Um nach den 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis mit Bleiberecht und nicht wieder eine Duldung zu bekommen, müssen die Betroffenen unter anderem ein mündliches Deutschniveau von A2 und eine Arbeitsstelle vorweisen, mit der sie mindestens 51 Prozent des Lebensunterhaltes für sich selbst und ihre Familienangehörigen sichern können.

Ein Großteil dieser Personen scheine bereits in Arbeit zu sein, resümierte Bettina Gerlach vom Jobcenter. Sie stelle fest, dass nur wenige Menschen aus dieser Gruppe im Kreis Pinneberg bisher einen Antrag auf SGB II Leistungen gestellt haben.

Marta Litke  von der  Integrationskoordinatorin der Stadt Wedel berichtete, dass es aufgrund langer Wartelisten eine große Herausforderung sei, einen Sprachkurs zu finden und in dem zeitlichen Rahmen von 18 Monaten zu absolvieren. Außerdem müsse die Gruppe der Analphabeten unter den Geflüchteten stärker in den Fokus rücken. Es fehle eine Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen.

Gesine Maaß vom Jugendmigrationsdienst wies darauf hin, dass Online-Angebot etwa von Volkshochschulen beim Spracherwerb unterstützen können. Zudem sei es möglich, bei ausreichenden Deutschkenntnissen lediglich den A2-Test mit Hilfe der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter abzulegen - auch ohne den Besuch eines Sprachkurses. Dies bekräftigte Carsten Erasmi, Geschäftsführer der ASTA Metalltechnik GmbH. Er berichtete aus seiner Erfahrung mit zugewanderten Mitarbeitenden, dass diese auch während der Arbeit ihre mündlichen Deutschkenntnisse signifikant verbessern könnten.

Insgesamt wurden die neuen Möglichkeiten, die durch das Chancenaufenthaltsrecht geboten werden, sehr positiv bewertet. Für alleinstehende Mütter und Analphabeten sei es allerdings nahezu unmöglich, die Voraussetzungen für einen anschließenden Aufenthaltstitel zu erfüllen. Weiterhin bedeute das Gesetz keine Erleichterung für Menschen, die weniger als fünf Jahre in Deutschland als geduldete Menschen leben.

Das nächste Treffen des Arbeitskreises Arbeitsmarktintegration ist für das vierte Quartal  in Elmshorn geplant.

 
Medieninformation vom 29.06.2023


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