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Zum Frauentag: Von Wahlrecht, Gewalt und Rosen


20240308 Gleichstellungsbeauftragte Tinka Frahm

Seit wann dürfen Frauen in Deutschland wählen? Welche Personen haben die Frauenbewegung in Deutschland mitgestaltet? Und warum gibt es zum internationalen Frauentag eigentlich immer Rosen?

Tinka Frahm, die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Pinneberg, gibt zum internationalen Frauentag am 8. März Antworten auf die wichtigen Fragen von Frauenbewegung und Gleichstellungsarbeit.

„Die Vehemenz in manchen Debatten, gerade wenn sie sich um Gleichberechtigung drehen, zeigt mir immer wieder, dass Frauenrechte auch hier in Deutschland nicht so selbstverständlich sind, wie wir sie empfinden“, sagt Tinka Frahm.


Wann begann die Bewegung für die Rechte von Frauen?

Der Kampf für Frauenrecht geht in Deutschland bis in die Zeit des Vormärz zurück, als ins 19. Jahrhundert. In der Zeit von Industrialisierung und dem Übergang vom Agrar- zum Industriestaat kamen gesellschaftliche und politische Strömungen wie Liberalismus, Nationalismus und Sozialismus auf. Frauen galten damals nicht als mündige und autonome Menschen, sondern brauchten eine Geschlechtsvormundschaft, ausgeübt durch den Vater, den Bruder oder den Ehemann. Aufgrund der ihnen zugewiesenen "natürlichen Geschlechtseigenschaften" wie Tugend, Sittsamkeit und Fleiß war die ihnen zugedachte Rolle die der Ehefrau und Mutter. Bildungschancen gab es für Frauen kaum.

Dieses Rollenmodell funktionierte aber nur für die bürgerliche Frau und nicht die der Arbeiterklasse. Mit der Revolution von 1848 erhoben sich erste Stimmen, die das Wahlrecht auch für Frauen forderten.

Eine der Mitbegründerinnen der deutschen Frauenbewegung, Luise Otto-Peters, forderte schon in der Revolutionszeit das Recht der Frauen auf ein Stimmrecht, auf Erwerbsarbeit und auf die dafür notwendige Kinderbetreuung. Erhört wurde sie damals noch nicht.

Seit wann gibt es den internationalen Frauentag?

Den ersten Frauentag der Geschichte gab es am 28. Februar 1909. Auf der Agenda standen die Themen Frauenwahlrecht und gleiche Löhne für gleiche Arbeit. Außer in Finnland durften zu diesem Zeitpunkt in keinem europäischen Land Frauen wählen oder gewählt werden.

Ab wann galt das Wahlrecht für Frauen?

Zum Ende des Ersten Weltkriegs formierte sich eine breite Initiative für das Wahlrecht von Frauen. Stimmrechtsverbände, bürgerlichen Frauenvereine, Sozialdemokratinnen, Gewerkschafterinnen und anderen Parteifrauen wurden gemeinsam aktiv, indem sie Petitionen veröffentlichten und Versammlungen organisierten. Am 12. November 1918 erklärte der Rat der Volksbeauftragten, der nach dem Ende der Monarchie die Politik bestimmte, dass zukünftig „alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften […] fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten Wahlrecht für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen" seien.  Bei den ersten Wahlen im Januar 1919 gingen 83 Prozent aller wahlberechtigen Frauen zur Stimmabgabe. Während der Zeit des Nationalsozialismus behielten Frauen das aktive Wahlrecht, verloren aber das passive. Mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das 1949 in Kraft trat, kehrte auch das passive Wahlrecht zu den Frauen zurück.

Was war nochmal ein Haushaltsvorstand?

Bis im Jahr 1958 das Gleichberechtigungsgesetz erlassen wurde, hatte es in jeder Familie einen sogenannten Haushaltsvorstand gegeben – per Gesetz geregelt: der Ehemann. Er allein besaß das Alleinentscheidungsrecht in Ehe- und Familienangelegenheiten. Dies schloss auch Fragen der Kindererziehung mit ein. Vermögen, das eine Frau in die Ehe eingebracht hatte, verwaltete bis dahin der Ehemann. Gleiches galt für die Einkommen aus der Berufstätigkeit. Von 1958 an waren Eheleute in Fragen der Ehe gleichberechtigt. Frauen durften ihr eigenes Geld haben und verwalten. Bis 1977 allerdings waren Frauen gesetzlich dazu verpflichtet, für den Haushalt und die Kindererziehung zu sorgen. Der Ehemann konnte eine Berufstätigkeit der Ehefrau kündigen oder die Aufnahme einer Berufstätigkeit untersagen, wenn er die ordnungsgemäße Haushaltsführung in Gefahr sah.

Was ist eigentlich Gleichberechtigung?

Bei der Gleichberechtigung geht es im Kern darum, dass Frauen und Männer die Wahlfreiheit darüber haben, was sie tun wollen. Gleichzeitig müssen sie die Möglichkeiten haben, diese Wünsche umzusetzen. Anforderungen der Gesellschaft und bestehende Stereotypen sollten dabei nicht im Weg stehen. Und genau da wird es dann kompliziert, wenn Wahlfreiheit auf dem Papier existiert, aber in der Gesellschaft nicht von Gleichberechtigung gesprochen werden können. Ein paar Stichworte dazu: Alleinerziehende, Care Gap, Gender Pay Gap, Gewalt gegen Frauen oder die Teilhabe von Frauen in Politik, Sport oder Gesundheit.

Was ist die Aufgabe einer Gleichstellungsbeauftragten?

Die Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist, den Satz aus dem Grundgesetzes – „Männer und Frauen sind gleichberechtigt …“ – für die eigene Organisation, in diesem Fall für den Kreis Pinneberg umzusetzen. Tinka Frahm hat Aufgabenbereiche innerhalb und außerhalb der Kreisverwaltung. Gemeinsam mit der Kreispolitik hat sie drei Schwerpunkte festgelegt, denen sie sich besonders widmet: Gewalt gegen Frauen, Frauen und Beruf, Frauen in die Kommunalpolitik. Ihr Wirken richtet sich auf die Kreisverwaltung, die Zusammenarbeit mit Institutionen und Verbänden im Kreis sowie auf die Zusammenarbeit mit der kommunalen Politik.

Welche Rolle spielt das Thema „Gewalt gegen Frauen“?

Das Thema „Gewalt gegen Frauen“ nimmt für Tinka Frahm den größten Teil ihrer Zeit in Anspruch. In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau durch ihren (Ex-)Partner getötet, jeden Tag erfolgt ein Tötungs-Versuch. Die Frauenhäuser im Kreis Pinneberg sind voll. Die Frauen, die keinen Schutz mehr benötigen, können oft lange das Frauenhaus nicht verlassen, da sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Tinka Frahm setzt sich ein, um auch im Kreis die Istanbul-Konvention umzusetzen. So heißt das „Übereinkommen des Europarates zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und häuslich Gewalt“.

… und warum immer diese Rosen?

Der Ausruf „Brot und Rosen“ stammt aus der Rede einer Gewerkschafterin in den USA aus dem Jahr 1911. „The woman worker needs bread, but she needs roses, too.“ Übersetzt und gedeutet: Die Frauen brauchen nicht nur gerechte Löhne (Brot), sondern auch menschwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen (Rosen). Der Ausruf inspirierte zu einem Gedicht, das Gedicht wurde vertont und ist heute so etwas wie die Hymne des Frauentages. Heute ist das Verteilen von Rosen vor allem eine nette Geste.

 
Medieninformation vom 08.03.2024


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