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Geflüchteten-Situation: Kommunen richten Appell an Ministerin Touré


Die hohe Zahl an Geflüchteten stellt die Kommunen in ganz Deutschland vor große Herausforderungen. Die Kommunen im Kreis Pinneberg haben sich jetzt gemeinsam mit einem Positionspapier an die im Land Schleswig-Holstein für Soziales und Integration zuständige Ministerin gewandt. Die Bürgermeister*innen und Amtsleitungen hatten Aminata Touré nach Wedel eingeladen, um ihr die Situation vor Ort zu schildern und konkret zu benennen, wo dringend Hilfe gefragt ist. Touré hörte sich die Sorgen und Nöte an, stellte Rückfragen und sagte zu, die einzelnen Punkte des Positionspapiers zu beantworten.

„Unsere Kapazitätsgrenze ist erreicht“, sagte Wedels Bürgermeister Gernot Kaser gleich zu Beginn des Treffens stellvertretend für den gesamten Kreis. Insgesamt leben aktuell rund 9.600 anerkannte Geflüchtete im Kreis Pinneberg, davon 3.600 Menschen ukrainischer Staatsangehörigkeit. Landrätin Elfi Heesch ergänzte, dass der Kreis Pinneberg als flächenmäßig kleinster und zugleich bevölkerungsreichster Kreis bei steigenden Geflüchtetenzahlen und einem sonstigen Zuzug vor besonderen Schwierigkeiten stehe. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass das Ziel ganz klar sei, die Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Welche Herausforderungen das sind, stellten Torneschs Bürgermeisterin Sabine Kählert, Katharina Kegel, Integrationsbeauftragte der Stadt Pinneberg, und Klaas Kasper, Fachdienstleiter Soziales der Stadt Wedel, am Beispiel ihrer Kommune dar.


20230606 MI Appell an Ministerin Toure

Zusammengefasst geht es darum: Es fehle an Wohnraum und damit an Unterbringungsmöglichkeiten, die ein friedliches Miteinander möglich machen. Es fehle an Sprach- und Integrationskursen sowie einer Betreuungsmöglichkeit für Kinder, wenn solche Kurse besucht werden. Generell mangele es an Kita-Plätzen und Schulkapazitäten, die für eine erfolgreiche Integration notwendig sind. Dabei gehe es sowohl um Fachkräfte als auch um Räume. Es fehle an Ehrenamtlichen, die Geflüchtete begleiten und unterstützen können. Und dies alles treffe Kommunen, die fast durchweg finanzielle Nöte haben. „Nur ein Bruchteil unserer Ausgaben wird durch die Integrationspauschale und andere Zahlungen abgedeckt“, sagte Kählert. „Insgesamt geht es aber nicht nur um Geld, sondern um Menschen, die uns fehlen, um diese Situation zu stemmen.“


In dem Positionspapier führen die Kommunen zwölf Punkte auf, für die sie um konkrete Maßnahmen bitten, die nachhaltig für Abhilfe sorgen sollen:

  1. Verteilschlüssel anpassen: Entlastung bevölkerungsreicher Kommunen bzw. Kreise, die zudem stark verdichtet sind und wenig Flächen aufweisen.
    (Zur Erläuterung: Geflüchtete in Schleswig-Holstein werden nach einem Schlüssel auf die Kreise verteilt, der auf der Einwohnerzahl basiert. In den Kreis Pinneberg kommen daher 11,2 Prozent der Geflüchteten, obwohl der Kreis nur 4,2 Prozent der Fläche des Landes einnimmt.)
  2. Serielles Bauen fördern: Einsatz auf Landesebene für neue (temporäre) Bauweisen, die die Unterbringung Geflüchteter erleichtert.
  3. Unterbringungskosten übernehmen: Übernahme der vollständigen Unterbringungskosten, mehr Flexibilität bei Genehmigungen von Unterkünften.
  4. Projektmittel für Integrationsarbeit entfristen: Bereitstellung zusätzlicher/dauerhafter Finanzmittel, um eine vorausschauende Integrationsarbeit sicherzustellen.
  5. Landesinvestitionsprogramm stärken: Fortführung für die kommenden fünf Jahre und eine Anhebung der bisherigen Fördersätze, um auf diese Weise die gestiegenen Baukosten abfedern zu können.
  6. Verwaltungsabläufe vereinfachen: Entschlackung von Verwaltungsverfahren bei Geflüchteten, Reduktion von unnötigen Parallelarbeiten in den Kommunen.
  7. Sprach- und Integrationskurse stärken: Aufstockung der Kurskapazitäten und gleichzeitige Sicher-stellung von Kinderbetreuungsangeboten.
  8. Kindertagesstätten priorisieren: Aufstockung der KITA-Kapazitäten, finanzielle Unterstützung bei der Erweiterung von Kindertagesstätten und verstärkte Anwerbung von Fachkräften.
  9. Beratungsstrukturen ausbauen: Initiierung überörtlicher Beratungsangebote für Geflüchtete durch das Land, um insbesondere kleinere Kommunen zu unterstützen (z. B. durch mobile Sprechstunden vor Ort).
  10. Geflüchtete ohne Bleibeperspektive nicht kommunal unterbringen: Menschen, die keine Bleibe- oder Duldungsperspektive haben, sollten von den Kommunen zurück an die Landesunterkünfte geführt werden. Hier greifen Integrationsmaßnahmen nicht mehr. Dadurch würden wichtige Plätze für chancenreiche Bleibekandidat*innen in den Kommunen frei.
  11. Potenziale junger Menschen fördern: Junge Geflüchtete haben zu wenige Perspektiven in den Kommunen, insbesondere, wenn sie sich in einem „Zwischenstadium“ (u. a. keine Arbeitserlaubnis) befinden. Das Land muss hier dringend Angebote schaffen.
  12. Vorlauf für Kommunen verlängern: Den aktuellen 4-Wochen-Vorlauf zum dauerhaften Standard machen.
    (Zur Erläuterung: Gemeint ist damit, dass die Kommunen vier Wochen vor der Ankunft eines geflüchteten Menschen erfahren, dass er ihnen zugewiesen wird. Diese Frist verschafft den Kommunen Zeit, um eine Unterbringung zu organisieren.)

 
Medieninformation vom 06.06.2023


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