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§219a endlich abschaffen


§219a endlich abschaffen

Gleichstellungsbeauftragte und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen im Kreis Pinneberg fordern freien Zugang zu Informationen über legale Schwangerschaftsabbrüche

Der §219a des Strafgesetzbuches verbietet Fachärztinnen und Fachärzten Informationen über legale Schwangerschaftsabbrüche z.B. im Internet auf den jeweiligen Homepages zu veröffentlichen.

Dieses sogenannte „Werbeverbot“ führt in der Praxis dazu, dass Ärztinnen und Ärzte, die trotz dieses Verbots über legale Schwangerschaftsabbrüche informieren, Gefahr laufen verurteilt zu werden. Wie im Fall von Kristina Hänel, Ärztin aus Gießen. Die Kriminalisierung und Stigmatisierung der Ärztinnen und Ärzte  hat bereits dazu geführt, dass die Zahl der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, seit 2003 um 40% gesunken ist. Dies steht im klaren Widerspruch zum Sicherstellungsauftrag der Länder. Dieser regelt im Rahmen des SchKG von 1995 die Pflicht, ein ausreichendes Angebot an Informationen, Beratung und durchführenden Stellen für Schwangerschaftsabbrüche zu gewährleisten.

Schon seit geraumer Zeit fordert eine breite Mehrheit in der Bevölkerung und in der Politik die Abschaffung des Paragraphen 219a.

Nun wurde eine Gesetzesänderung beschlossen, der es Ärztinnen und Ärzten gestatten soll, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Jedoch dürfen sie keine weiteren Einzelheiten preisgeben, weder, welche Methode sie anwenden, welche Rahmenbedingungen es gibt, noch welche Kosten anfallen.

„Auch dieser Entwurf erschwert den Zugang zu wichtigen Informationen“, fasst Nicola Repnow vom Frauentreff Elmshorn die Problematik zusammen, „Frauen müssen ihre Informationen über einen legalen Schwangerschaftsabbruch weiterhin mühsam aus verschiedenen Quellen zusammentragen. Obwohl wir uns in der heutigen Zeit des Internets umfangreich informieren können, bleibt die Frau beim Thema „Schwangerschaftsabbruch“ im Ungewissen. Die Frau muss über die Bundesärztekammer oder Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Listen anfordern und aufwendig die richtige Adresse in ihrer Nähe finden. Dabei ist nicht ersichtlich wie aktuell die Daten sind. Das neue Gesetz bringt da keine wirkliche Verbesserung.“

In dieser absoluten Krisensituation fehlt es nach wie vor an niedrigschwelligen, leicht zugänglichen fachlichen Informationen, die für eine selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen einen Abbruch der Schwangerschaft unerlässlich sind. „Nur bis zur 12.Woche hat eine schwangere Frau Zeit, sich legal für oder gegen einen  Abbruch zu entscheiden. Das ist nicht viel in einer solchen, oft von Ambivalenzen und Verzweiflung geprägten Situation. Da sollten Frauen  sich nicht noch mühsam die nötigen Informationen zusammensuchen müssen“, betont Hannah Gleisner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Quickborn. „Eine ungewollte Schwangerschaft ist eine unvergleichbare Situation für die Frauen. Für uns, die wir die Frauen beraten und begleiten, gilt es jedoch als Lebenstatsache. Und so beraten wir und vor allem die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen die Frauen und Paare qualifiziert und ergebnisoffen zu allen Fragen des Schwangerschaftsabbruchs.“

„Uns ist es wichtig, neben der Kriminalisierung der Ärztinnen und Ärzte auch die Tabuisierung des Themas Schwangerschaftsabbruch und damit die Stigmatisierung der betroffenen Frauen zu beenden. Wo Informationen und Akzeptanz fehlen, dort ist der Nährboden für heimliche und unfachgemäße Abbrüche, die die Gesundheit und das Leben der Frauen gefährden“, so Mirjam Bergfeld von der AWO Schwangerschaftsberatung Pinneberg, „wir stehen ein für das Recht der Frauen auf die sexuelle und gesundheitliche Selbstbestimmung, wie sie im Grundgesetz verankert ist. Der vorliegende Gesetzesentwurf kann dem in keiner Weise gerecht werden.“

Gemeinsam stehen die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, die Frauenberatungsstellen und die Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Pinneberg für eine vielfältige, niedrigschwellige und wertschätzende Unterstützung von ungewollt schwangeren Frauen und Paaren.

„Wir fordern die Regierung auf, sich endlich klar hinter die Menschen zu stellen, die den ungewollt schwangeren Frauen die gesetzlich geregelte Hilfe anbieten, anstatt sie weiter zu kriminalisieren.  Wir fordern die Regierung außerdem auf, sich endlich hinter die Frauen zu stellen, sie als mündige Bürgerinnen zu behandeln, und ihre im Grundgesetz geregelten Rechte zu schützen,“ so die Forderung der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg.


Hintergrundinformation

Der §219a wurde 1933 von den Nationalsozialisten ins Strafrecht eingeführt. Seit 1945 führte er in den Gesetzbüchern ein Dasein, ohne Anwendung zu finden. Vor 15 Jahren etwa begannen fundamentalistische Abtreibungsgegner den Paragraphen zu instrumentalisieren, um Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und darüber informieren, anzuzeigen. Seit Frühjahr 2018 streiten Parteien, Verbände und Praktiker/innen darum, ob sie den §219a beibehalten, verändern oder ganz abschaffen wollen. Nun liegt ein Kompromiss vor, der nach der Meinung vieler Politiker*innen und Expert*innen weder Verbesserungen für die ungewollt schwangeren Frauen, noch für die Ärztinnen und Ärzte bietet.


 
Kontakte zu den Beratungsstellen:

Frauentreff Elmshorn Schwangerschafts(konflikt)beratungsstelle
An der Bahn 1, 25336 Elmshorn,
Tel.: 04121-6628, Mail: info@frauentreff-elmshorn.de 
www.frauentreff-elmshorn.de

Diakonisches Werk Rantzau-Münsterdorf gGmbH

Alter Markt 16, 25335 Elmshorn,
Tel.: 04121-71035, Mail: sskb@die-diakonie.org
www.die-diakonie.org

 
19.03.2019 Pressemitteilung des Arbeitskreises Schwangerschaftsberatung im Kreis Pinneberg
V.i.s.d.P. Hannah Gleisner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Quickborn


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